Mittwoch, 25. April 2018

Super-GAU immer noch möglich


 

Der Umweltverband BUND warnt vor AKW-Risiken und fordert den sofortigen Ausstieg – auch mit Blick auf den Ökostrom-Ausbau.

Das AKW Brokdorf. Foto: Imago
Der deutsche Atomausstieg ist 2011 nach dem Super-GAU in Fukushima beschlossen worden. Acht Reaktoren der älteren Baulinien wurden damals sofort stillgelegt, für den Rest legte der Bundestag einen Abschaltplan bis 2022 fest. Derzeit laufen noch sieben Reaktoren. Der Umweltverband BUND warnt nun vor Sicherheitsmängeln dieser Anlagen, die in den 1980er Jahren gebaut wurden. Auch in Deutschland sei „jederzeit ein größerer Störfall oder ein Super-GAU möglich“, zudem lägen kein ausreichende Katastrophenschutzpläne vor, kritisiert er. Außerdem behindere der Weiterbetrieb der AKW den Ausbau der erneuerbaren Energien.

Der Umweltverband hat eine Studie zu den Sicherheitsrisiken anfertigen lassen. Moniert werden darin unter anderem mangelnde Schutzstandards für Hochwasser, Erdbeben und Terrorgefahren. Auffällig sei auch eine Häufung von Schäden in Reaktorkernen. Als Beispiel verweist der BUND auf das AKW Brokdorf, das weiter laufen dürfe, obwohl dort Verformungen von Brennelementen und Oxidationen an den Brennstäben festgestellt wurden.

Keine Nachrüstungen

Weiter moniert der Verband, dass die AKW-Betreiber dringend nötige Nachrüstungen und Sicherheitsüberprüfungen wegen der begrenzten Restlaufzeiten nicht mehr durchführen würden. Als nächster Reaktor wird Phillipsburg 2 Ende 2019 abgeschaltet, dann folgen Grohnde, Brokdorf und Gundremmingen C Ende 2021 sowie Isar 2, Neckarwestheim 2 und Emsland. Besonders technische Nachrüstungen der AKW zum Schutz vor Terrorangriffen und Flugzeugabstürzen hält der BUND für angezeigt, wenn die AKW weiter betrieben werden – etwa durch Schutzbauwerke. Die bisher ergriffene Schutzmaßnahmen reichten nicht aus.
Laut BUND wird es in keinem der noch laufenden AKW bis zur Stilllegung noch eine periodische Sicherheitsüberprüfung geben. „Das halte ich für unverantwortlich“, sagte Studien-Autorin Oda Becker. Die Überprüfungen sind turnusmäßig alle zehn Jahre vorgesehen. „Fehler im Reaktorkern werden nur per Zufall gefunden“, kritisierte die Physikerin.
Der BUND-Vorsitzende Hubert Weiger sagte bei der Vorstellung der Studie in Berlin. „Wirtschaftliche Interessen der Betreiber sind für die Politik wichtiger als die Sicherheit der Bevölkerung.“ Außerdem würden die sieben AKW bis Ende 2022 noch etwa 750 Tonnen radioaktiven Müll produzieren, deren Entsorgung unklar sei.
Der Öko-Verband appellierte an die Bundesregierung, „die eklatanten Sicherheitsmängel endlich ernst zu nehmen“. Die vom Bundesverfassungsgericht bis 30. Juni angemahnte Überarbeitung des Atomgesetzes müsse für einen sofortigen Atomausstieg genutzt werden, forderte Weiger. Nötig sei ein neues Gesetz, das dem Ausbau der Erneuerbaren Vorrang vor dem Weiterbetrieb der AKW einräume.
Der Öko-Verband sieht den Weiterbetrieb nämlich auch als „erhebliches Hindernis“ für den weiteren Ausbau der Ökostrom-Produktion. Windräder würden wegen angeblicher Netzengpässe immer wieder abgeregelt, während die AKW gleichzeitig nahezu ungedrosselt weiterliefen. Um einen kostengünstigen Ausbau der erneuerbarer Energien zu ermöglichen, müssten die AKW vom Netz genommen werden.
BUND-Energieexperte Thorben Becker räumte auf Nachfrage ein, dass es bei einem Sofortausstieg unter Umständen übergangsweise zu einem erhöhten CO2-Ausstoß kommen könne. Er verwies jedoch auf den Rekord- Stromexport Deutschlands, der im Gegenzug heruntergefahren werden könne. „Dadurch würden der Anstieg zumindest zum großen Teil ausgeglichen.“ Außerdem müsse bis 2022 ohnehin eine Versorgung ohne AKW stehen.

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